Traumafolgenprävention – Was ist das?

Traumafolgenprävention hat zum Ziel, langfristige Folgen früher Belastungen und erlittener Traumatisierungen vorzubeugen.

Traumafolgenprävention – Was ist das?

Die meisten Menschen machen im Laufe ihres Lebens potentiell traumatisierende Erfahrungen. Traumatische Ereignisse gänzlich zu verhindern wäre zwar wünschenswert ist aber nicht oder nur begrenzt möglich. Traumafolgenprävention hat zum Ziel, langfristige Folgen früher Belastungen und erlittener Traumatisierungen vorzubeugen.

Im Projekt TrauMaTRIX, das sich an Präventionsfachkräfte und an die in den Frühen Hilfen tätigen Menschen und deren direkte und indirekte Zielgruppen richtet, wird dies angestrebt über

  • Vermittlung von Wissen über Trauma und die Folgen, um diese als solches auch zu erkennen
  • Fördern eines adäquaten und gelingenden, der eigenen Profession gerecht werdenden Umgangs mit (potentiell) traumatisierten Menschen in den indirekten und direkten Zielgruppen
  • Erlernen von Selbsthilfetools, um Spätfolgen von Traumatisierungen und Chronifizierung hintanzuhalten bzw. Integration derselben zu fördern
  • Know-how an Kolleg*innen zu vermitteln, wie einer Sekundärtraumatisierung vorgebeugt werden kann.

Resilienter und kompetenter werden im Umgang mit Traumafolgen

Geschichte und Entwicklung zur Traumafolgenprävention – das Projekt TrauMaTRIX

Alle Menschen machen im Laufe ihres Lebens traumatische Erfahrungen, das ist eine Tatsache. Ob daraus eine lebenslängliche Einschränkung bis hin zu einer krankheitswertigen Bedrohung wird, hängt von den Umständen ab, unter denen das traumatische Ereignis stattfindet, und davon, welches Wissen und welche Möglichkeiten des Umgangs damit den Betroffenen zur Verfügung stehen. Das Praxis-Pilotprojekt zur Vorbeugung von Traumafolgen – TrauMaTRIX für die Bereiche Frühe Hilfen, Sucht-, Gewalt- und Suizidprävention, will dazu beitragen, Menschen resilienter zu machen und kompetenter in der Vorbeugung von Traumafolgen.

Frühes Bindungstrauma steht deshalb im Fokus, weil, je früher die traumatisierende Erfahrung stattgefunden hat, desto prägender, aber auch schwerer zuordenbar sind die Folgen.

Betroffene sollen in die Lage gebracht werden zu erkennen, wenn in Folge traumatischen Geschehens ein unsicherer, ambivalenter, oder sogar desorganisierter Bindungsstil entwickelt wird/wurde, damit dieser (ohne Hilfe) nicht bis ins erwachsene Alter beibehalten und auch an die nächste Generation weitergegeben wird. Es gilt, Retraumatisierungen zu vermeiden oder zumindest zu mildern. Traumatische Erfahrungen vor Erreichen der Sprachreife hinterlassen Körpererinnerungen, emotionale Prägungen und bewirken Flash-backs, die ohne entsprechendes Wissen schwer zuordenbar sind. Traumatisierte Familien aus Kriegsgebieten/mit Fluchterfahrung sind speziell betroffen. Für sie bedeuten die nicht erkannten traumatischen Erfahrungen ein großes Hindernis, sich in einem fremden Land, in einer fremden Kultur integrieren zu können. Die Auswirkungen der traumatisierenden Erfahrung im Hilfsangebot zu berücksichtigen, bedeutet Chancengleichheit herzustellen.

Das unerkannte Leiden an Folgen traumatischer Erfahrungen kann sich in fast allen Lebensbereichen hinderlich auswirken (z.B.: in Form von: Schmerzzuständen, für die keine medizinischen Ursachen gefunden werden können, von psychosomatischen Beschwerden, von Gewaltbereitschaft infolge mangelnder Impulskontrolle, von Konzentrations- und Lernstörungen, von Entwicklungsbeeinträchtigungen, von psychischen Problemen bis hin zu psychiatrischen Störungsbildern. Kommt es zur Chronifizierung der Symptomatik, dann wird oft Behandlung notwendig bzw. ist die Reduktion von Symptomen schwieriger und aufwändiger. An der Stelle ist es bedeutsam, dies zu erkennen und Betroffene in entsprechende fachärztliche bzw. psycho(trauma)therapeutische Behandlung zu empfehlen. Ohne entsprechende Unterstützung ist bei von Traumafolgen betroffenen Menschen eine gesundheitliche Chancengerechtigkeit nicht gegeben.

Dem setzen wir mit den Maßnahmen und Tools, die im Pilotprojekt „TrauMaTRIX“ entwickelt wurden, viel entgegen.

Im Fokus steht dabei die Beeinflussung von Gesundheitskompetenz (informiert und sensibilisiert für mögliche Traumafolgen) und die Förderung der psychosozialen Gesundheit (Kenntnisse über Selbsthilfemöglichkeiten, Stabilisierungs- und Re-Orientierungstechniken und Ressourcenübungen). Die besondere Berücksichtigung der Folgen einer frühen (Bindungs-)traumatisierung – trägt zur Verbesserung familiärer und außerfamiliärer Beziehungen bei.

Das TrauMaTRIX-Fortbildungsangebot ist sehr zielgruppenspezifisch konzipiert. D.h. ein grundlegendes Wissen über Traumafolgen wird je nach Zielgruppe ergänzt mit Maßnahmen, die auf diese abgestimmt sind. Es wurden Übungsanleitungen, Selbsthilfetools etc. entwickelt, die den Mulitplikator:innen in der Form vermittelt werden, wie sie sie auch an die direkten Zielgruppen weitergeben können. Die Wissensvermittlung wird dem jeweils aktuellen Wissenstand der sehr heterogenen Zielgruppen angepasst. Das heißt z.B., dass auf die Sprache der jeweiligen Zielgruppe in Hinblick auf Alter, kulturellen Hintergrund und Geschlecht eingegangen wird.

TrauMaTRIX wurde aus dem Bedarf der Praktiker:innen für diese entwickelt.

Theoretischer Hintergrund

Die Forschungsergebnisse aus den Bereichen der Neurobiologie, Neuro- und Entwicklungspsychologie, sowie der Bindungs- und Trauma-Forschung aus den letzten 20 Jahren haben eine Fülle von neuen Befunden und einen Perspektivenwechsel für viele Bereiche der wissenschaftlichen Landschaft mit sich gebracht. In der Literatur liegen dem entsprechend viele Befunde über die Auswirkungen traumatischer Erfahrungen, vor allem kindlicher (Hochstress-) Erfahrungen, vor. Allen voran ist hier Ellert Nijenhuis zu nennen, der ein dreibändiges Grundlagenwerk unter dem Titel „Die Trauma-Trinität: Ignoranz – Fragilität – Kontrolle“ geschaffen hat.
Maßgebliche Literatur finden wir auch beim amerikanischen Praktiker und Forscher Bessel Van der Kolk mit ”Der verkörperte Schrecken” oder in den umfangreichen Werken zu Bindung und Trauma von Brisch, K.H.. Sehr bedeutsam für Praktikerinnen sind auch die zahlreichen Publikationen von Huber, M. wie z.B. ”Trauma und die Folgen”. Über die Neurobiologie dem Thema angenähert hat sich Hüther, G., mit beispielsweise “Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn”, um nur einige wenige zu nennen. Es existiert also fundiertes Wissen über die Entstehung von Traumafolgen aus verschiedenen Forschungsgebieten, und es gibt ein breites Angebot unterschiedlicher Formen gezielter Traumatherapie für die Behandlung schwerer Traumafolgen. Jedoch haben diese Erkenntnisse bisher nur wenig Verbreitung in anderen Fachdisziplinen, wie beispielsweise in der Prävention oder Pädagogik gefunden, vor allem noch zu wenig in die praktische Arbeit der darin Wirkenden.

Pilot-Praxisprojekt TrauMaTRIX – Fakten und Berichte

Das TraumaFolgenPräventions-Projekt TrauMaTRIX hat zum Ziel, langfristigen Folgen lebensgeschichtlich früher Belastungen und erlittener Traumatisierungen vorzubeugen. Die Umsetzung einer 3 ½ jährigen Pilotphase erfolget durch die ARGE Traumafolgenprävention und wurde vor allem durch den Fond Gesundes Österreich (FGÖ) gefördert.
Um Nachhaltigkeit und Dissemination zu gewährleisten wurden mit Praktiker:innen, aus den Arbeitsfeldern der Frühen Hilfen, sowie der Sucht-, Gewalt- und Suizidprävention Arbeitsunterlagen (Skripten, Handouts, Powerpointpräsentationen, Arbeitsmaterialen) und Inhalte für unterschiedliche Fortbildungsformate entwickelt, worüber vermittelt wird:

  • wie Wissen über Trauma an direkte Zielgruppen, praxisnah weitergegeben werden kann
  • wie die direkten Zielgruppen für die Thematik sensibilisiert werden können, und
  • wie aus einem umfangreichen Werkzeugkoffer, Selbsthilfemöglichkeiten, psychische 1. Hilfe- Maßnahmen („Trix-Box“) etc. zum Einsatz kommen können,um präventiv wirksam werden zu können.

 

Durch die Etablierung regionaler TrauMaTRIX-Referent:innen Pools wurden auch die personellen Möglichkeiten geschaffen, zielgruppenspezifisches, grundlegendes Wissen über Traumafolgen in hoher fachlicher Kompetenz an Präventions- und Frühe Hilfen-Einrichtungen bundesweit zu vermitteln.
Personen und Institutionen aus den o.g. Arbeitsfeldern erhalten auch entsprechende Handlungsoptionen, um ihre bisherige Tätigkeiten traumasensibler gestalten zu können.
Traumafolgenprävention setzt an unterschiedlichen Stellen an und verfolgt nochmals kurz zusammengefasst folgende Ziele:

  • einen adäquaten und gelingenden Umgang mit potenziell traumatischen Erlebnissen zu fördern,
  • Spätfolgen von Traumatisierungen zu reduzieren und hilfreich darin zu sein, eine Integration des Erlebten zu ermöglichen,
  • eine Chronifizierung von Traumafolgen und somit Traumafolgestörungen zu lindern bzw. zu verhindern,
  • Sekundärtraumatisierung von Professionist:innen vorzubeugen.

TrauMaTRIX Folder